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Diskussion zu Bernds Gedanken zum attac-Ratschlag Frühjahr 2022

Zu www.attac-dresden.de/neuigkeiten/detailansicht/news/meine-gedanken-zum-attac-ratschlag-fruehjahr-2022 erreichte uns das angehängte Schreiben 2022-08-12_Attac-KoKreis_Erwiderung-z-Darstellung-v-Attac-DD-bzgl-FRS-2022.pdf. Anbei auch als Word- und odt-Datei. Dazu haben wir gemeinsam die nachstehende Antwort verfasst.

Antwort auf die Erwiderung des bundesweiten Attac-Koordinierungskreises zu den „Gedanken zum attac-Ratschlag Frühjahr 2022“ von Bernd Reißmann

Liebe Mitglieder des Koordinierungskreises von Attac Deutschland,

vielen Dank für Eure Anmerkungen zu Bernds persönlichen Eindrücken zum Frühjahrsratschlag 2022 von Attac Deutschland. Wir haben sie, wie von Euch gefordert, neben Bernds Eindrücke gestellt. Wir möchten trotzdem einige Anmerkungen zu Eurem Statement machen. Wir gehen die Absätze Eures Beitrags der Reihe nach durch:

1. Absatz
Er enthält eine positive Aussage, da der Ratschlag endlich wieder in Präsenz stattfinden konnte. Auch Bernd äußert sich ähnlich – er reiste voller Erwartungen nach Frankfurt/Main.

2. Absatz
Bernd hätte sich, bevor er die Ausstellung auslegt, an die Verantwortlichen aus der Vorbereitungsgruppe wenden müssen, um dies abzustimmen. Gleichwohl stellt sich uns die Frage, wie die Vorgeschichte des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, zu der die Ereignisse in Odessa 2014 aus unserer Sicht dazugehören, angemessen dargestellt werden kann, ohne diesen, wie von Euch befürchtet, zu relativieren.

3. Absatz
Bernd hat bereits nach der 1. Abstimmung in einem Diskussionsbeitrag auf das Problem der  Auszählung der Stimmen hingewiesen. Auf Nachfrage der Moderation hat er nicht darauf bestanden, dass die Abstimmung wiederholt wird und die Stimmen ausgezählt werden.

4. Absatz
Bernd schreibt, dass eine  Befragung von Kandidat*innen für Attac-Gremien in Ordnung ist und dazugehört, er kritisiert aber die Art und Weise, wie das bei einer Kandidatin geschehen ist. Wir verstehen nicht, wie Ihr schreiben könnt, Bernd habe sich eine kritische und intensive Befragung der Kandidat*innen verbeten.

5. Absatz
1. Anstrich:
Bernd berichtet von seinen Erfahrungen als Versammlungsleiter 2004, als er und sein Stellvertreter die hör- und sichtbare Teilnahme von Neonazis an ihren Demonstrationen verhindern wollten und dies auch auf Grund des Verhaltens von Polizei und Ordnungsamt nicht gelang. Er hat sich nicht dafür ausgesprochen, mit Rechten gemeinsam zu demonstrieren, wie das Lesen Eures Textes nahelegt.
In § 1, Absatz 1 des Versammlungsgesetzes steht: "Jedermann hat das Recht, öffentliche Versammlungen und Aufzüge zu veranstalten und an solchen Veranstaltungen teilzunehmen." In Absatz 2 werden dann einige Optionen benannt, bei denen dieses Recht nicht besteht, z. B. bei Parteien und Vereinigungen, die verfassungswidrig sind.
Der von Euch zitierte Paragraph 6 des Versammlungsgesetzes steht unter der Zwischenüberschrift "Abschnitt II - Öffentliche Versammlungen in geschlossenen Räumen". Personen, die man nicht bei einer Versammlung in geschlossenen Räumen haben will, können ausgeschlossen werden. Anschließend folgt im Gesetz "Abschnitt III - Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge", in dem das Vorgehen für diese Versammlungen festgelegt ist. Nach § 18 (3) und § 19 (4) kann die Polizei Teilnehmer, die die Ordnung gröblich stören, ausschließen. In § 19 werden die Aufgaben des Leiters eines Aufzuges benannt, der diesen aufzulösen hat, wenn er seine Anordnungen nicht durchsetzen kann (vgl. www.gesetze-im-internet.de/versammlg/BJNR006840953.html ). Bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel kann also nur durch den Aufruf und / oder die Wahl der Bündnispartner die Teilnahme von Rechten ausgeschlossen werden.

2. Anstrich:
Bernd kritisiert, dass Mitglieder der Schlichtungskommission zugleich in anderen Leitungsgremien von Attac aktiv sind. Julia Günther, Ulrike Paschek und Aaron Gerdes sind gleichzeitig auch im Rat, also drei von fünf Mitgliedern der Schlichtungskommission. (vgl. www.attac.de/das-ist-attac/organisation/rat/ratsmitglieder/2022-2023 und www.attac.de/fileadmin/user_upload/Gremien/Ratschlag/FRS22/Dokumente/Protokoll_FRS_2022.pdf)

3. Anstrich:
Bernd hätte sich ein anderes Vorgehen bei der Attac-Erklärung zum Ukraine-Krieg gewünscht inklusive einer fundierten Analyse desselben. Eine Relativierung des russischen Angriffskrieges durch ihn erfolgt nicht.

6. Absatz
Unserer Meinung nach stellt Bernd nicht das bei Attac geltende Prinzip der Geschlechtergerechtigkeit in Frage, sondern weist auf Faktoren bei der Umsetzung dieses Prinzips im konkreten Fall hin. Eine quotierte Redner*innenliste lässt sich nach unseren Erfahrungen auch durch die Moderation durchsetzen. Getrennte Plena sind sinnvoll, wenn danach ein Austausch zwischen den verschiedenen Gruppen möglich und gewünscht ist. Dies wollte Bernd anregen, wenn er schreibt, dass er auch die Meinung von Frauen zu den diskutierten Themen hören möchte. Außerdem ändern gendergerechte Sprache und geschützte Räume für Frauen, Lesben, inter- und transsexuelle sowie non-binäre und agender Menschen allein nichts, wenn nicht zugleich die ökonomischen, sozialen und politischen Bedingungen  für ihre Gleichberechtigung geschaffen werden. Wir verweisen hier nur auf die schlechtere Bezahlung und Wertschätzung für viele Berufe, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden. Die Frauen aus der DDR haben mit dem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland Rechte verloren, wie die Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch. Dafür gibt es jetzt wieder den § 218 StGB, der diesen nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei stellt. Medizinische Verhütungsmittel, wie die Baby-Pille, gab es in der DDR kostenlos.

7. Absatz
Bernd selbst hat nicht fotografiert, nachdem ein anderer Teilnehmer mehrfach deshalb ermahnt worden war. Die Nutzung von Smartphones und Social Media wird in unserer Gruppe unterschiedlich bewertet.

8. Absatz
Nach Eurer Darstellung hat Bernd geschrieben, Attac werde durch den Einsatz von sogenannten "U-Booten" von innen zerstört. In seinem Text listet er drei Methoden auf, die es seiner Meinung nach derzeit gibt, um politisch unliebsame Gruppen zu zerstören:

  1. Entzug der materiellen/finanziellen Basis,
  2. Verleumdung der Gruppe oder wesentlicher Teile/Mitglieder und/oder
  3. Zerstörung von innen durch Einschleusung von sog. U-Booten

Weiter schreibt er, dass die 1. Methode angewendet wird – siehe Entzug der Gemeinnützigkeit und zusätzlich die 2. Methode. Dass die 3. Methode angewandt wird, schreibt er nicht. Eure Interpretation aus dem 4. Absatz, Attac bewege sich nach Bernds Auffassung  in einem System analog der DDR, können wir nicht aus seiner Aussage herauslesen, dass in der DDR politisch unliebsame Gruppen verboten worden seien, im jetzigen System ihre Zerstörung diffiziler erfolge.

Wir möchten auf dem Weg des Dialogs die angesprochenen Fragen mit Euch klären, und vor allem Bernd würde gern auf dem nächsten Ratschlag darüber sprechen. Wir denken, dass unser gemeinsames Ziel die Stärkung von Attac ist und wir mit unseren Themen wieder mehr in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, als das derzeit der Fall ist. Dazu gehört auch, unterschiedliche Standpunkte lösungsorientiert zu diskutieren.

Regina Schulz, Ansprechpartnerin bei Attac Dresden
Dresden, September 2022